Goa:

Unser Bus sollte 20 Uhr an der Dollar-Church starten aber wir waren schon viel eher da. Zum Glück, denn schon kurz nach halb acht fuhr er los. Indien halt! Beim warten auf den Bus haben wir Christian kennen gelernt. Christian war Mitte vierzig, allein unterwegs und der Enkel von Luis Trenker. Mir hat das zwar überhauptnix gesagt, aber bei google sollte dazu bestimmt was kommen. Der Bus fuhr also überpünktlich los und bis wir aus der Stadt raus waren vergingen bestimmt 2 Stunden. Jeder bekam eine Flasche Wasser, je zwei Mann eine Decke und ein Plastiktütchen. Christian wurde neben eine Finnin gesetzt und "musste" sich mit ihr eine Decke teilen. Kein Grund neidisch zu werden,  denn zum einen ist Finnland nicht Schweden und sie mit 42 keine 24 mehr. Nachdem ich mit Christian über deutsche Innen- und Wirtschaftspolitik philosophiert hatte und wir ohne echte Lösung auseinander gingen hab ich mir ein paar Stunden Schlaf gegönnt. Währ ich mal lieber nicht aufgewacht, ich hätte mir viel Nerven sparen können. Der Bus nannte sich "Expressbus" und mir wurde klar warum. Ob Sichtbehinderung durch dichten Nebel, Bergkuppen oder uneinsehbare Kurven luden geradezu zum überholen ein. Unser Bus war groß und stark und entgegenkommende Fahrzeuge wurden einfach weggehupt. Merkte der Fahrer bereits beim Ansetzen das er auf regulärem Wege nicht mehr rechtzeitig an seinem Hinderniss vorbei kommt, kam neben der normalen Hupe noch die Lichthupe mit ins Spiel und  entgegenkommende Fahrzeuge wurden zum sofortigen Abbremsen bis zum völligen Stillstand gezwungen. Hinzu kam, dass es im Bus schweinekalt war, da die Klimaanlage auf Volllast lief. Selbst der Fahrer frohr ganz offensichtlich aber scheinbar war ihm unbekannt, dass seine Klimaanlage auch auszuschalten geht. Und außerdem, wenn er schon eine drin hat, muss diese auch laufen!

Im Morgengrauen wurde mir auch die Bestimmung der Plastiktütchen bewusst, die am Vorabend verteilt worden waren, denn die ersten Passagiere begannen sich beim Fahrer Nachschub zu holen, weil Ihre Tüten bereits mit dem letzten Abendbrot befüllt waren. Weder das, noch die Tatsache das im Gegenverkehr regelmäßig unsere "Gegner" die Fahrbahn verlassen mussten gab Mr. Busfahrer zu denken.

 

6.11.

Trotz der gottesfürchtigen Raserei waren wir erst nach 14 Stunden in Mapsy. Von dort aus mussten wir uns für einen Strand entscheiden und ehe ich mich versah saßen wir in einem Taxi nach Anjuna. Der Strand dort war unschön steinig und wir setzten uns erst mal in ein Lokal mit Meerblick und planten, wo wir uns die nächsten Tage niederlassen werden. Die Wahl fiel, ganz nach meinem Geschmack, auf Arambol.

Endlich da! Weißer Strand, Rastaleute und auf Anhieb alles sehr symphatisch wussten wir, dass wir hier genau richtig waren. Wir haben eine kleine Hütte für 4 Euro die Nacht gemietet und nach einem kurzen Bad im Meer glichen wir unser Schlafdefizit aus. Beim Abendessen in einem super gemütlichem Strandlokal lernten wir 4 Mädels kennen, zwei aus Deutschland und zwei aus Österreich. Mit Letzteren haben wir uns später noch die ganze Nacht bis zum Sonnenaufgang die Zeit in Kneipen, auf einer israelischen Privatparty und am Strand vertrieben.

 

 

7.11.

Der nächste Tag verlief recht unspektakulär. Nachdem wir am späten Nachmittag aus unserer Hütte gekrochen waren, gingen wir zunächst was Essen und genossen dann die letzten Sonnenstrahlen am Strand. Die einheimische Tuchverkäuferin erinnerte uns dabei an unser Versprechen, heute Ihre komplette Ware zu bestaunen. Wir wollten aber partou nix kaufen und ich lies mich nach zähen Verhandlungen zu einem Tauschgeschäft hinreißen. Sie bekam mein NOKIA-Badehandtuch was ich von Gudio geschenkt bekommen hab und ich besitze nun ein selbstbesticktes Tuch von ihr. Noch 5 Kulis für all Ihre Kinder später und alle waren glücklich und wir genossen den Sonnenuntergang über dem Meer. Später trafen wir noch die Mädels vom Vorabend. Eine war krank und beide sehr müde (die Jugend von heute) und ich ging mit Guido zu einer anderen Strandbar um den Tag ausklingen zu lassen. Juhuu, Livemusik!!! Eine Gitarre, eine Mundharmonika .... eigentlich ne gute Mischung aber die beiden waren ja sowas von schlecht, dass sich sogar der Engländer am Nachbartisch bei mir ausheulte. Nachdem er mir all seine Wunden aus dem Irak-Krieg gezeigt hatte und ein bissel Smalltalk über Fußball gingen wir wieder ins Bett.  

 

                           

 

 

8.11.

Als uns beim Frühstück der Kellner mit 'good afternoon' begrüßte wussten wir, dass es doch später sein musste als angenommen.

Nach einem Besuch im Touristbüro wurde uns klar das wir unsere Ziele für die nächsten 2 Wochen zu hoch gesteckt hatten und wir zogen in Erwägung aus Zeitgründen auf den Ausflug nach Hampi zu verzichten und dafür vom 11.-20.11. mit dem Zug nach Kerala zu fahren und ich dann am 23. einen Inlandsflug von Goa nach Bombay nehme. Der Onkel aus dem Reisebüro machte auch einen sehr kompetenten Eindruck und wir verabredeten uns für den nächsten Tag, denn bis dahin hat er abgecheckt ob noch Plätze im Zug frei sind. Beim anschließenden Schlendern über den Markt entdeckte Guido so'n Gürtel in dem man auch seine Papiere drin verstauen kann. Nach zähem Gefeilsche bekamen wir ihn für 200 RS. Bedingung: Ich muss mich ausziehen ... zumindest mein T-Shirt und ein flinker Schneider machte sich sofort daran, dass Che-Guevara-Portrait abzupausen. Jede Wette das schon morgen die ersten Kopien hier im Handel erhältlich sind ;)

Am Strand kam erst eine Horde Kühe und dann Lola vorbei, der die Polizei am Vortag Ihr komplettes Sortiment abgenommen hatte. Sie erzählte uns noch einiges über sich und gab uns den Tipp unsere Fahrten nicht hier im Touribüro sondern selber im Nachbarort zu buchen, dass sei noch  wesentlich günstiger. Im Gegenzug versprachen wir, einer Freundin von ihr aus Europa eine Mail zu schreiben, die Ihr Geld schicken wollte. Beim Essen lernten wir ein sehr unterhaltsames  spanisch-engländisches Gespann kennen, einer Arzt und der andere hat mal 2 Jahre in Deutschland als Golftrainer gearbeitet. Nachdem sich unser dynamisches Duo ins Bett verabschiedet hatte sind wir noch 'ne Runde Billard spielen gegangen. Wir waren schon bald die letzten Kunden und wir spielten grauselig. Zum Glück konnten wir wahlweise "per houre" oder "per game" zahlen und nach bestimmt 1,5 Stunden gewann ich unheldenhaft mit 2:1. Die Küche war bereits geschlossen und während sich die nepalesischen Angestellten und Guido ein Video mit einheimischer Folklore anschauten, forderte der Chef des Ladens den Gewinner von eben auf ein weiteres Spiel heraus. Wir haben uns wirklich nett mit Händen und Füssen unterhalten, aber verloren hab ich dennoch. Es folgte eine sehr herzliche Verabschiedung von allen und wir verschwanden in unsere Hütte.

  

 

9.11.

Unser Weg führte gleich nach dem Mittagessen zu unserem 'Trainspotter' und was wir dort erfuhren war net so positiv. Weder per Zug, noch per Bus, kommen wir in den nächsten 2 Wochen in den Süden .... alles ausgebucht. Zum Trost erst mal zum Strand. Schon bald setzte sich wieder Lola zu uns. Es gab wohl schon wieder Ärger mit der Polizei. Wir schrieben uns von Ihrer Freundin die Mail-Adi auf und verfassten gemeinsam einen kleinen Brief, den wir gleich noch abschicken wollten. In dem I-Net-Cafe gab’s auch noch einen Bookingservice wo wir noch mal nach einer Verbindung nach Kerala fragten. Die Antwort glich der aus dem anderen Laden, nur dass hier die Möglichkeit eines 7-Tage-Bustripps bestand. Einen Tag hin, einen zurück und fünf zur freien Verfügung. Nach unseren jüngsten Buserfahrungen nahmen wir davon aber sofort wieder Abstand und außerdem sind 5 Tage auch viel zu wenig. Plan B ist also morgen selber mit einem einheimischen Bus zur Main-Station zu fahren und zu versuchen zwei Plätze im Zug zu ergattern. Plan C sieht dann vor, wenn Kerala partou nicht klappt, doch Hampi wieder ins Programm zu nehmen, um wenigstens noch etwas vom Inland zu sehen.

Eigentlich wollten wir heute auch mal etwas eher ins Bett, damit wir am nächsten Tag bei Zeiten loskommen. Bei der Verabschiedung vom pakistanischen Kneipenchef wollte der uns aber noch unbedingt eine Lektion in Sachen Frauen erteilen und quatschte sofort die Nächste die vorbeikam an. Eh wir uns versahen saßen wir dann zu viert in der hauseigenen Chilloutzone und waren mit der Russin ins Gespräch vertieft. Irgendwann sollte dann jeder noch ein Volkslied aus seiner Heimat zum besten geben. Als wir an der Reihe waren viel mir aber nur ein Song von den 'Hosen' ein und leider war Guido nicht so textsicher und es wurde nicht der erhoffte Kanon draus. Unser Pakistani hat dann Jelena noch ganz selbstlos nach Hause gebracht und ich verfluchte den Wecker schon als ihn Guido stellte.

 

10.11.

Wach werden war schwierig, aber irgendwie ging’s schon. Nach der behüteten Zeit im 'Ferienlager für Grosse' endlich mal wieder ein bisschen Abenteuer. Ca. 1 Kilometer bei ziemlicher Hitze bis zur 'Bushaltestelle' und schon nach einer Viertelstunde kam der Bus (Haltestellen oder Fahrpläne hab ich hier noch nicht gesehen). In Mapsa mussten wir dann umsteigen in den Bus zur Railwaystation. Einheimische sagten uns unaufgefordert wo wir aussteigen müssen (sehr nett) und so waren wir erstaunlich schnell und super günstig am Bahnhof. Der war auch gar nicht so voll und wir bemerkten schnell welcher der für uns richtige Schalter zum anstellen war. Bissel Geduld, dann waren wir dran und ich schilderte unser Anliegen. Antwort: 'all full' Aber es bestand die Möglichkeit sich auf Position 45 der Warteliste setzten zu lassen und das haben wir dann auch getan. Wir mussten auch gleich den vollen Fahrpreis bezahlen, bekommen ihn aber zurück falls wir keinen Platz mehr abbekommen. Also, zurück zum Bus der auch sofort kam. Dann das übliche Spiel ... wir hinter einem anderen Bus, keine Möglichkeit zu überholen und erst mal hupen. Irgendwann musste der vor uns stark bremsen und wir fuhren ihm hinten drauf. Alles halb so schlimm. Kurze verbale Auseinandersetzung der beiden Fahrer, dann lies uns der andere passieren. Wahrscheinlich hat er seine Schuld eingesehen.... was fährt auch so übervorsichtig ;)

In Mapsa noch kurz gecheckt ob morgen auch alternativ ein Nachtbus nach Hampi gehen würde ... kein Problem! Zurück in Arambol noch ein Stündchen Strand und Abendbroten. Wir setzten uns zu einem Schweizer und im Laufe des Abends wurde mir bewusst wie weit unser Ausflug von Individualtourismus entfernt ist. Der Typ ist 23 und vor 5 Monaten in Bern nach Indien aufgebrochen ... mit dem Fahrrad!!! Über Griechenland, Iran und Pakistan ist er in der Tat angekommen, wo er nun seit 2 Wochen mit Gelbsucht festsitzt.

Später bekam ich ein seltsames Gefühl in der Magengegend und verabschiedete mich ins Bett.

 

11.11.

Im Laufe der letzten Nacht lies ich mir mein Abendessen noch mal etappenweise durch den Kopf gehen und erwachte mit Fieber. So'n Mist, dabei wollten wir heute eigentlich weiterziehen. Guido hat also unsere Hütte verlängert und brach danach zum Bahnhof auf um unseren Zug zu stornieren und neu zu reservieren. Kurz darauf hatte ich im Fieberwahn eine elfenartige Erscheinung. Unsere Nachbarin stand im Minirock und Bikinioberteil vor meinem Bett und brachte mir Tabletten, die Ihr ein Arzt vor wenigen Tagen gegen die selben Symptome verschrieben hatte. Keine 2 Minuten später verschwand sie wieder zu Ihrem Freund und ich schlief weiter.

 

12.11.

Meine Körpertemperatur ist schon nach der ersten Tablette von 39 Grad auf 35.5 zurück gegangen und damit fühl ich mich wie der kühlste Fleck in ganz Goa :)  

Außerdem haben wir für den 14.11. wieder Plätze auf der Waitinglist der Bahn. Hinzu sind wir auf einem guten Platz in den Dreißigern aber rückzu auf einer beängstigenden 134sten Position. Das Problem ist nämlich, wenn wir in den Zug gen Norden dann nicht reinkommen, schaffe ich definitiv nicht meinen Flieger und muss hier bleiben ... für immer ;) Ansonsten ähneln sich die Tage hier in Arambol ... Sonne, Palmen, Strand, Meer und Abends bist du nie lang allein. Die letzten beiden Abende haben wir mit Ulli und Julia aus Berlin verbracht und auch 'n bissel Gitarre gespielt. Aber langsam wird es Zeit das wir weiterkommen, denn das hier ist ganz sicher nicht Indien!